Mittwoch, 18. Oktober 2017

Was verdiene ich als Hobbyautor über Amazon?


Wenn es ums Selfpublishing und Amazon geht, dann geht es häufig auch ums Geld. Was erwartet einen angehenden Autor? Wieviel lässt sich mit damit verdienen? Lohnt sich kindle unlimited?

Die meisten Artikel verlieren sich diesbezüglich in belanglosen Phrasen. Die wenigsten Autoren rücken mit konkreten Zahlen raus. Und genau das möchte ich an dieser Stelle ändern. Im folgendem werde ich für zwei Bücher detailliert zeigen, wieviel ich womit verdient habe. Im Fokus stehen dabei die drei typischen Vertriebswege bei Amazon:

·         E-Book

·         Gelesene Seiten durch Ausleihungen bei kindle unlimited und Amazon Prime

·         Paperback / Taschenbuch

Hinsichtlich der Anzahl der Ausleihungen basieren meine Angaben auf einer Schätzung. Die Zahlen sind aus den Einnahmen abgeleitet und gehen davon aus, dass jedes Buch komplett bei 0,00286 €/Seite gelesen wurde.  


Das Buch „Die Splitter-Chroniken“ stellt mein Erstlingswerk dar. Das folgende Bild zeigt die Einnahmen innerhalb der ersten fünf Monate nach der Veröffentlichung.

Bild 1: Einnahmen nach Vertriebsweg, Mai bis September 2016 "Die Splitter-Chroniken"

Der Blick auf die Einnahmen ergibt ein äußerst ernüchterndes Bild. Die Verkäufe aus E-Books und des Paperbacks waren mit ca. 2 € praktisch zu vernachlässigen. Einzig die Einnahmen durch Ausleihungen erreichten ein nennenswertes Maß. Bereits im vierten Monat nach der Veröffentlichung sanken allerdings auch diese massiv ab. Ein Schicksal, dass sich mein Buch mit vielen Veröffentlichungen von Hobbyautoren teilt.
Die Gründe dafür sind vielfältig:

·         Kein kreativer Eyecatcher, die Idee in einem Satz fehlt

·         Cover und Buchbeschreibung waren vergleichsweise langweilig

·         Ineffektive Werbung bzw. ungenügende Maßnahmen zur Erhöhung der Sichtbarkeit

·         Inhaltliche Schwächen

·         Und weitere …

Kurz zusammengefasst, weder die Präsentation noch der Inhalt des Buches überzeugte potentielle Kunden. Ich habe das Buch mehrfach überarbeitet, um diese Schwächen etwas abzumildern. Aber insbesondere der erste Punkt auf meiner Liste, lässt sich nur schwer beheben. Es fehlt die Idee, die einen Leser innerhalb der ersten drei Sekunden fesselt und neugierig macht.

Bemerkenswert ist die Menge an Ausleihungen nach der Veröffentlichung. Die Möglichkeit der Ausleihe ohne zusätzliche Kosten, ermutig anscheinend Leser dazu, in ein Buch zweifelhaften Inhaltes zumindest mal hineinzuschnuppern. Was gerade bei neuen Büchern und unbekannten Autoren sehr wertvolles Feedback bringt.

Allerdings gilt es ebenfalls anzumerken, dass ein Buch mit solch geringen Verkaufszahlen schnell in den digitalen Abgründen von Amazons Datenbank verschwindet. Wenn so etwas passiert, kann ich dem Autor nur empfehlen, sich der Realität zu stellen. Weder Amazon noch die Kunden sind am Misserfolg Schuld. Analysiert die Ursachen, findet heraus wo die Fehler liegen und macht es besser!

Aber die Story der Splitter-Chroniken ist noch nicht vorbei. Ich veröffentlichte ein zweites Buch. Was dann passierte ist im folgenden Bild dargestellt.

Bild 2: Einnahmen nach Vertriebsweg, Mai 2016 bis Oktober 2017 "Die Splitter-Chroniken" 
Die Veröffentlichung eines zweiten (wesentlich erfolgreicheren) Buches im Oktober 2016, zog die Verkaufszahlen meines Erstlings hinter sich her. Circa jeder zehnte Käufer meines zweiten Buches kaufte sich ebenfalls mein Erstes. Erneut übertreffen die Einnahmen aus der Ausleihe die Verkäufe bei weitem: Die beste Werbung für ein Buch, ist ein zweites Buch.

Hinsichtlich der reinen Stückzahlen gleicht sich das Verhältnis zwischen Verkauf und Ausleihe weitgehend an, siehe Bild 3.  

Bild 3: Verkaufszahlen nach Vertriebsweg, Mai 2016 bis Oktober 2017 "Die Splitter-Chroniken"

Aber kommen wir zu dem Werk, das diesen revitalisierenden Effekt auf die Verkaufszahlen verursacht hat.
Am Ende der Zeiten - Der letzte Stern

Der Erfolg dieses Buches hat mich sehr überrascht. Nach dem Misserfolg des ersten, hatte ich mit vielleicht 30 bis 50 Lesern gerechnet. Es wurden dann einige Tausend.

Die Einnahmen ab der Veröffentlichung sind in Bild 4 dargestellt. Ausgehend vom ersten Monat nach der Veröffentlichung, stiegen die Einnahmen erst stark an, verharrten anschließend für 3 Monate auf einem stabilen Niveau und fielen anschließend wieder steil ab. Die Verkäufe an Taschenbüchern zogen erst etliche Monate später nach und verblieben auf einem niedrigen Niveau.

 
Bild 4: Einnahmen nach Vertriebsweg, Oktober 2016 bis Oktober 2017 "Am Ende der Zeiten"
Bild 4 ist ein schönes Beispiel für den Lebenszyklus eines E-Books. Es schießt nach oben und landet nach einigen Monaten wieder am Boden. Ein Zyklus, den ich auch bei Büchern anderer Autoren beobachten konnte. Nach ca. 6 Monaten war der „Hype“ vorbei.

Interessant ist auch der Verlauf der Einnahmen aus dem Taschenbuch. Die Verkaufszahlen ziehen erst wesentlich später nach. Dies hat auf jeden Fall mit dem vergleichsweise hohen Preis zu tun. Auch der psychologische Effekt des enormen Preisunterschieds zwischen E-Book und Taschenbuch wäre zu berücksichtigen. Erst eine relativ hohe Zahl an positiven Rezensionen konnte diese Hemmschwelle bei einigen wenigen Lesern überwinden.

Bezüglich der Verkaufszahlen stellte das E-Book den größten Anteil dar, siehe Bild 5.


Bild 5: Verkaufszahlen nach Vertriebsweg, Oktober 2016 bis Oktober 2017 "Am Ende der Zeiten"

Worin liegen die Gründe für diesen temporären Erfolg?


Da ich weder besondere Werbeaktionen noch ein professionelles Cover vorzuweisen habe, liegt die Ursache woanders. Gemäß den Rezensionen gefällt den Lesern der Inhalt (zumindest im Durchschnitt). Die Geschichte verfügt zudem über eine schnell zu erfassende Grundidee, die den potentiellen Leser neugierig macht und das Buch von anderen Werken abgrenzt.

Prime Reading

Eines Tages bekam ich von Amazon eine E-Mail, ob ich damit einverstanden bin, mein Buch „Am Ende der Zeiten“ für drei Monate in das Programm Prime Reading aufzunehmen. Das heißt, jeder Amazon Primekunde kann sich mein Buch kostenfrei runterladen und durchlesen. Im Ausgleich wurden mir für diese Zeit 200 € angeboten.

Zu diesem Zeitpunkt habe ich mit dem E-Book ca. 60 € im Monat verdient. Somit stellte das Angebot von 200 € für drei Monate einen durchaus fairen Deal dar. Zudem stand die Veröffentlichung meines dritten Buches bevor, daher kam mir der zusätzliche Werbeeffekt sehr entgegen.

Welche Auswirkungen hatte Prime Reading?

Die Anzahl der Downloads im Rahmen von Prime Reading gibt Amazon nicht an. Allerdings wirken sie sich direkt auf das Ranking aus. Ein Blick auf die Seite des Booktrackers Novalrank zeigt den in Bild 6 dargestellten Verlauf.


Bild 6: Amazon Rank, E-Book "Am Ende der Zeiten", www.novalrank.com/asin/B01M72E77I, 18.10.2017
Mit der Aufnahme meines Buches in Prime Reading stieg der Rang von ca. 10.000 auf ein Niveau zwischen 1.500 und 2.500. Dieser Rang entspricht ca. 10 bis 20 neuen Lesern pro Tag. Hochgerechnet auf einen Monat würde diese Anzahl ansonsten zwischen 300 und 400 € an Einnahmen bedeuten. Also deutlich mehr als die 200 € die Amazon mir für drei Monate bezahlt.

Lohnt sich Prime Reading?

Aus meiner Sicht würde ich diese Frage mit Ja beantworten. Ohne Prime Reading hätte ich diese zusätzlichen Leser gar nicht erreicht. Und indirekt werden meine anderen zwei Veröffentlichungen durch den Werbeeffekt profitieren. Leider liegen mir die diesbezüglichen Zahlen noch nicht vor.

Schlussfolgerungen

Die von mir gezeigten Beispiele stellen lediglich Einzelfälle in einem riesigen, hochdynamischen Markt dar. Daher sind alle Aussagen mit Vorsicht zu genießen und nur begrenzt zu verallgemeinern.

Ein E-Book hat einen deutlich begrenzten Lebenszyklus. Je nachdem wie gut das Buch ankommt, kann dieser sehr kurz oder entsprechend länger sein. Ich würde ihn auf 3 bis 12 Monate schätzen. Dieser Zyklus kann allerdings durch die Aktivitäten des Autors aktiv beeinflusst werden kann.

Kindle Unlimited lohnt sich in einem gewissen Preissegment, sowohl finanziell, als auch um ein Buch überhaupt erst in den Markt zu bekommen.

Prime Reading ist für den Autor ein faires Angebot und kann sehr gut als Werbung für andere Bücher eingesetzt werden.

Und am Ende die große Frage: Kann man vom Selfpublishing leben?

Die Antwort: Ja, …

… aber nicht so wie ich es betreibe.

Die wichtigste und offensichtliche Voraussetzung ist das Schreiben guter Bücher in einem verkaufbaren Genre. Zudem sollte der Preis eher bei 2.99 € als bei 1.49 € liegen. Diese Verdopplung des Preises führt zu einer Vervierfachung der Einnahmen für jedes verkaufte E-Book. Zusätzlich ist der kurze Lebenszyklus eines E-Books zu berücksichtigen. Eine Veröffentlichung alle 4 bis 6 Monate wäre anzustreben.

Aus meiner Sicht zwingt des übliche Preisniveau für E-Books und die Dynamik des Marktes, die Autoren dazu, vergleichsweise übersichtliche Geschichten in kurzen Abständen zu veröffentlichen. Das Ergebnis sind die vielen Serien und Fortsetzungsromane die sich in diesem Bereich tummeln. Ein richtig schöner Tausend-Seiten-Wälzer wäre als E-Book vermutlich zu riskant und wirtschaftlich nicht vertretbar.

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