Montag, 10. August 2020

Cyborg Memories

Eine Geschichte über meinen Großvater.

Ich war 12, vielleicht auch 13 Jahre alt, zu Besuch bei meinen Großeltern. Mein Opa saß zusammen mit mir und meiner Schwester am Tisch des kleinen Esszimmers ihres Hauses in einem Vorort von Stralsund. Wir spielten Karten und quatschten in unserer kindlichen Ahnungslosigkeit über irgendwas mit Geschichte und zweiten Weltkrieg. Ich habe vergessen worum es genau ging.

Mein Opa rieb sich die Hände, er wirkte angespannt. Und dann fing er an zu sprechen. Langsam und mit zitternder Stimme. Zwei Sätze, mehr nicht.
Ich werde die Worte hier nicht wiedergeben. Nicht weil ich sie vergessen hätte, sondern weil ich es nicht will. Was zählte waren seine Augen. Ein Spiegel seiner Seele, ein Fenster, dass bis weit zurück in die Jugend dieses nun alten Mannes reichte.

Ich diesen Augen sah ich das Grauen. Schlimmer als alles, was ich je in meinem Leben erfahren habe.

Der Moment ging vorüber und wäre vergessen worden. Wie so viele. Hätte mich nicht Jahre später die Lust zum Schreiben gepackt. Ich wollte diese Geschichte unbedingt aufschreiben, sie war eine meiner ersten Ideen. Aber ich habe es nicht einmal versucht. Aus einem einfachen Grund. Ich wusste, dass ich noch nicht über die Fähigkeiten verfügte, meine Eindrücke in Worte zu fassen. Ich musste erst einige Bücher schreiben, um zu üben.

Der Protagonist sagt nichts, außer einem einzigen Wort in der letzten Zeile: »Ja.«

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