Wenn es ums Selfpublishing und Amazon geht, dann geht es
häufig auch ums Geld. Was erwartet einen angehenden Autor? Wieviel lässt sich
mit damit verdienen? Lohnt sich kindle unlimited?
Die meisten Artikel verlieren sich diesbezüglich in
belanglosen Phrasen. Die wenigsten Autoren rücken mit konkreten Zahlen raus.
Und genau das möchte ich an dieser Stelle ändern. Im folgendem werde ich für zwei
Bücher detailliert zeigen, wieviel ich womit verdient habe. Im Fokus stehen
dabei die drei typischen Vertriebswege bei Amazon:
·
E-Book
·
Gelesene Seiten durch Ausleihungen bei kindle
unlimited und Amazon Prime
·
Paperback / Taschenbuch
Hinsichtlich der Anzahl der Ausleihungen basieren meine Angaben
auf einer Schätzung. Die Zahlen sind aus den Einnahmen abgeleitet und gehen
davon aus, dass jedes Buch komplett bei 0,00286 €/Seite gelesen wurde.
Das Buch „Die Splitter-Chroniken“ stellt mein Erstlingswerk
dar. Das folgende Bild zeigt die Einnahmen innerhalb der ersten fünf Monate
nach der Veröffentlichung.
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Bild 1: Einnahmen nach Vertriebsweg, Mai bis September 2016 "Die Splitter-Chroniken" |
Der Blick auf die Einnahmen ergibt ein äußerst ernüchterndes
Bild. Die Verkäufe aus E-Books und des Paperbacks waren mit ca. 2 € praktisch
zu vernachlässigen. Einzig die Einnahmen durch Ausleihungen erreichten ein
nennenswertes Maß. Bereits im vierten Monat nach der Veröffentlichung sanken
allerdings auch diese massiv ab. Ein Schicksal, dass sich mein Buch mit vielen
Veröffentlichungen von Hobbyautoren teilt.
Die Gründe dafür sind vielfältig:
·
Kein kreativer Eyecatcher, die Idee in einem
Satz fehlt
·
Cover und Buchbeschreibung waren vergleichsweise
langweilig
·
Ineffektive Werbung bzw. ungenügende Maßnahmen
zur Erhöhung der Sichtbarkeit
·
Inhaltliche Schwächen
·
Und weitere …
Kurz zusammengefasst, weder die Präsentation noch der Inhalt
des Buches überzeugte potentielle Kunden. Ich habe das Buch mehrfach
überarbeitet, um diese Schwächen etwas abzumildern. Aber insbesondere der erste
Punkt auf meiner Liste, lässt sich nur schwer beheben. Es fehlt die Idee, die
einen Leser innerhalb der ersten drei Sekunden fesselt und neugierig macht.
Bemerkenswert ist die Menge an Ausleihungen nach der
Veröffentlichung. Die Möglichkeit der Ausleihe ohne zusätzliche Kosten, ermutig
anscheinend Leser dazu, in ein Buch zweifelhaften Inhaltes zumindest mal
hineinzuschnuppern. Was gerade bei neuen Büchern und unbekannten Autoren sehr
wertvolles Feedback bringt.
Allerdings gilt es ebenfalls anzumerken, dass ein Buch mit
solch geringen Verkaufszahlen schnell in den digitalen Abgründen von Amazons
Datenbank verschwindet. Wenn so etwas passiert, kann ich dem Autor nur
empfehlen, sich der Realität zu stellen. Weder Amazon noch die Kunden sind am
Misserfolg Schuld. Analysiert die Ursachen, findet heraus wo die Fehler liegen
und macht es besser!
Aber die Story der Splitter-Chroniken ist noch nicht vorbei. Ich
veröffentlichte ein zweites Buch. Was dann passierte ist im folgenden Bild
dargestellt.
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Bild 2: Einnahmen nach Vertriebsweg, Mai 2016 bis Oktober 2017 "Die Splitter-Chroniken" |
Die Veröffentlichung eines zweiten (wesentlich
erfolgreicheren) Buches im Oktober 2016, zog die Verkaufszahlen meines
Erstlings hinter sich her. Circa jeder zehnte Käufer meines zweiten Buches
kaufte sich ebenfalls mein Erstes. Erneut übertreffen die Einnahmen aus der Ausleihe
die Verkäufe bei weitem: Die beste Werbung für ein Buch, ist ein zweites Buch.
Hinsichtlich der reinen Stückzahlen gleicht sich das Verhältnis zwischen Verkauf und Ausleihe weitgehend an, siehe Bild 3.
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Bild 3: Verkaufszahlen nach Vertriebsweg, Mai 2016 bis Oktober 2017 "Die Splitter-Chroniken" |
Aber kommen wir zu dem Werk, das diesen revitalisierenden Effekt
auf die Verkaufszahlen verursacht hat.
Am Ende der Zeiten - Der letzte Stern
Der Erfolg dieses Buches hat mich sehr überrascht. Nach dem
Misserfolg des ersten, hatte ich mit vielleicht 30 bis 50 Lesern gerechnet. Es
wurden dann einige Tausend.
Die Einnahmen ab der Veröffentlichung sind in Bild 4
dargestellt. Ausgehend vom ersten Monat nach der Veröffentlichung, stiegen die
Einnahmen erst stark an, verharrten anschließend für 3 Monate auf einem stabilen
Niveau und fielen anschließend wieder steil ab. Die Verkäufe an Taschenbüchern
zogen erst etliche Monate später nach und verblieben auf einem niedrigen
Niveau.
Bild 4 ist ein schönes Beispiel für den Lebenszyklus eines
E-Books. Es schießt nach oben und landet nach einigen Monaten wieder am Boden.
Ein Zyklus, den ich auch bei Büchern anderer Autoren beobachten konnte. Nach
ca. 6 Monaten war der „Hype“ vorbei.
Interessant ist auch der Verlauf der Einnahmen aus dem
Taschenbuch. Die Verkaufszahlen ziehen erst wesentlich später nach. Dies hat
auf jeden Fall mit dem vergleichsweise hohen Preis zu tun. Auch der
psychologische Effekt des enormen Preisunterschieds zwischen E-Book und
Taschenbuch wäre zu berücksichtigen. Erst eine relativ hohe Zahl an positiven Rezensionen
konnte diese Hemmschwelle bei einigen wenigen Lesern überwinden.
Bezüglich der Verkaufszahlen stellte das E-Book den größten Anteil
dar, siehe Bild 5.
Worin liegen die Gründe für diesen temporären Erfolg?
Da ich weder besondere Werbeaktionen noch ein professionelles
Cover vorzuweisen habe, liegt die Ursache woanders. Gemäß den Rezensionen
gefällt den Lesern der Inhalt (zumindest im Durchschnitt). Die Geschichte
verfügt zudem über eine schnell zu erfassende Grundidee, die den potentiellen
Leser neugierig macht und das Buch von anderen Werken abgrenzt.
Prime Reading
Eines Tages bekam ich von Amazon eine E-Mail, ob ich damit
einverstanden bin, mein Buch „Am Ende der Zeiten“ für drei Monate in das
Programm Prime Reading aufzunehmen. Das heißt, jeder Amazon Primekunde kann
sich mein Buch kostenfrei runterladen und durchlesen. Im Ausgleich wurden mir für
diese Zeit 200 € angeboten.
Zu diesem Zeitpunkt habe ich mit dem E-Book ca. 60 € im
Monat verdient. Somit stellte das Angebot von 200 € für drei Monate einen durchaus
fairen Deal dar. Zudem stand die Veröffentlichung meines dritten Buches bevor,
daher kam mir der zusätzliche Werbeeffekt sehr entgegen.
Welche Auswirkungen hatte Prime Reading?
Die Anzahl der Downloads im Rahmen von Prime Reading gibt
Amazon nicht an. Allerdings wirken sie sich direkt auf das Ranking aus. Ein
Blick auf die Seite des Booktrackers Novalrank zeigt den in Bild 6
dargestellten Verlauf.
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Bild 6: Amazon Rank, E-Book "Am Ende der Zeiten", www.novalrank.com/asin/B01M72E77I, 18.10.2017 |
Lohnt sich Prime Reading?
Aus meiner Sicht würde ich diese Frage mit Ja beantworten.
Ohne Prime Reading hätte ich diese zusätzlichen Leser gar nicht erreicht. Und
indirekt werden meine anderen zwei Veröffentlichungen durch den Werbeeffekt
profitieren. Leider liegen mir die diesbezüglichen Zahlen noch nicht vor.
Schlussfolgerungen
Die von mir gezeigten Beispiele stellen lediglich Einzelfälle
in einem riesigen, hochdynamischen Markt dar. Daher sind alle Aussagen mit
Vorsicht zu genießen und nur begrenzt zu verallgemeinern.
Ein E-Book hat einen deutlich begrenzten Lebenszyklus. Je
nachdem wie gut das Buch ankommt, kann dieser sehr kurz oder entsprechend länger
sein. Ich würde ihn auf 3 bis 12 Monate schätzen. Dieser Zyklus kann allerdings
durch die Aktivitäten des Autors aktiv beeinflusst werden kann.
Kindle Unlimited lohnt sich in einem gewissen Preissegment,
sowohl finanziell, als auch um ein Buch überhaupt erst in den Markt zu
bekommen.
Prime Reading ist für den Autor ein faires Angebot und kann
sehr gut als Werbung für andere Bücher eingesetzt werden.
Und am Ende die große Frage: Kann man vom Selfpublishing
leben?
Die Antwort: Ja, …
… aber nicht so wie ich es betreibe.
Die wichtigste und offensichtliche Voraussetzung ist das
Schreiben guter Bücher in einem verkaufbaren Genre. Zudem sollte der Preis
eher bei 2.99 € als bei 1.49 € liegen. Diese Verdopplung des Preises führt
zu einer Vervierfachung der Einnahmen für jedes verkaufte E-Book. Zusätzlich
ist der kurze Lebenszyklus eines E-Books zu berücksichtigen. Eine
Veröffentlichung alle 4 bis 6 Monate wäre anzustreben.
Aus meiner Sicht zwingt des übliche Preisniveau für E-Books
und die Dynamik des Marktes, die Autoren dazu, vergleichsweise übersichtliche
Geschichten in kurzen Abständen zu veröffentlichen. Das Ergebnis sind die vielen
Serien und Fortsetzungsromane die sich in diesem Bereich tummeln. Ein richtig
schöner Tausend-Seiten-Wälzer wäre als E-Book vermutlich zu riskant und wirtschaftlich
nicht vertretbar.
Dankeschön für die tollen Einblicke!
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